So fotografierst Du einen Wasserfall mit Schleier Effekt ohne Graufilter
Wasserfall Langzeitbelichtung ohne Graufilter

So fotografierst Du einen Wasserfall mit Schleier Effekt ohne Graufilter

Du hast sicher schon einmal ein Wasserfall-Foto gesehen, wo sich das Wasser in einem weichen Schleier seinen Weg durch wunderschöne Natur bahnt. So wie auf dem Titelbild für diesen Beitrag.

Wasserfälle spielen eine große Rolle in der Landschaftsfotografie. Wasser zieht an. Besonders reizvoll sind diese Fotos vor allem wegen dem Kontrast zwischen dem weichen Schleier des Wassers und der detailreichen Umgebung. So ein Foto lädt den Betrachter zum Verweilen ein.

Du würdest einen Wasserfall auch gerne mit Schleier Effekt fotografieren, weißt aber nicht wie, wie das geht? Eigentlich benötigst Du dafür eine gute Kamera, ein hochwertiges Objektiv und einen sogenannten Graufilter – eigentlich.

Wasserfall_ohne_Graufilter_ohne_Sonnenbrille F11 ISO100 0,4 Sekunden

Fotografiert in dichtem Jungel in Neuseeland. ISO100, F11, 0,4 Sekunden

Ich zeige Dir in diesem Artikel, wie Du einen Wasserfall auch ohne Graufilter fotografieren kannst. Unter geeigneten Bedingungen und mit den richtigen Einstellungen an Deiner Kamera ist dies durchaus möglich.

Foto-Wissen: Was ist eigentlich ein Graufilter und was nützt Dir dieser?

Ein Graufilter wird auch als ND-Filter oder als Neutraldichtefilter bezeichnet. Dieser besteht aus Glas oder Kunststoffscheiben, die gleichmäßig und farbneutral eingefärbt sind. Die Farbwiedergabe ist unverfälscht. Die durch das Objektiv einfallende Lichtmenge kann mit einem Graufilter auf wenige Promille reduziert werden.

Es gibt verschiedene Filterstärken. Häufig sind ND8, ND64 oder ND1000 anzutreffen. Die Zahlen verraten Dir den Faktor, um den die Belichtungszeit mit dem Graufilter verlängert werden kann. Mit einem ND1000 Filter kannst Du also 1000-mal länger belichten als ohne diesen Filter. Selbst bei starkem Sonnenlicht sind damit Belichtungen von mehreren Sekunden möglich.

Kompaktkameras, wie ich eine besitze, haben am Objektiv meist kein Gewinde, um einen Filter daran zu befestigen. Deswegen gibt es Alternativen wie eine Magnet-Halterung. Für die Modelle der Sony RX100 Familie gibt es z.B. diese Halterung und passend dazu Graufilter in drei verschiedenen Stärken. Mit der Halterung und den Filtern kannst Du tagsüber die Belichtungszeit beliebig variieren.

Wenn Du im Besitz einer Sony RX100 III, RX100 IV oder RX100 V Kompaktkamera bist, kannst Du übrigens auch den integrierten ND-Filter nutzen. Dieser entspricht einem einfachen ND8 Filter und reicht für die meisten Wasserfallfotos aus. Mit diesem Filter wird aus einer 1/16 Sekunde eine halbe Sekunde Belichtungszeit, was ausreichend lang für ein Wasserfallfoto mit Schleier-Effekt ist.

Wasserfall ohne Graufilter ISO80 F11 0.5 Sekunden

Fotografiert mit ISO80, F11, 0,5 Sekunden und dem integrierten ND-Filter der Sony RX100 IV. Das entspricht einer Belichtungszeit von 1/16 Sekunde

Das „Geheimnis“ des Schleier-Effekts: Die richtige Belichtungszeit

Das Geheimnis eines Wasserfall-Fotos mit Schleier Effekt liegt in einer Belichtungszeit, die länger als die Belichtungszeit der Programmautomatik ist. Die Rede ist von einer Langzeitaufnahme bei Tageslicht. Sind Langzeitaufnahmen tagsüber denn überhaupt möglich? Die Antworte lautet ganz klar: Jein.

Deswegen solltest Du diese zwei Szenarien unterscheiden:

  • Aufnahmezeit länger 1 Sekunde
    Fotografierst Du tagsüber bei strahlendem Sonnenschein mit einer sehr langen Belichtungszeit, benötigst Du tatsächlich einen so genannten Graufilter.
    Dieser verdunkelt das Bild so stark, dass eine echte Dauerbelichtung von mehreren Sekunden oder Minuten möglich ist.
    Wobei, ganz stimmt dies auch nicht, denn in meinem Artikel Langzeitbelichtung am Tag – So geht es ohne Graufilter zeige ich Dir wie Du ohne Graufilter mit einem sog. Software-Graufilter auch bei strahlender Sonne eine Langzeitbelichtung fotografieren kannst.
  • Aufnahmezeit kürzer 1 Sekunde
    Je nach Art und Lage des Wasserfalls reicht bereits eine 1/3 Sekunde aus, um einen geschmeidigen Wasserschleier zu erhalten – auch ohne Graufilter.
    Es benötigt also nicht immer eine „echte“ Langzeitbelichtung von mehreren Sekunden. In dem folgenden Beispiel lag der Bach tief im dunklen Wald versteckt. Je dunkler, desto länger kann die Belichtungszeit sein.
Wasserfall mit Brücke Lanzeitbelichtung ohne Graufilter

Dieses Foto entstand mit einer Belichtungszeit von nur 1/3 Sekunde

Tagsüber sind unter bestimmten Voraussetzungen Langzeitbelichtungen ohne Graufilter möglich. Welche Vorrausetzungen das sind und welche Tricks Du anwenden kannst, erfährst Du, wenn Du weiterliest.

Wasserfall fotografieren ohne Graufilter – so geht´s:

Wie kannst Du nun einen Wasserfall ohne Graufilter fotografieren und bekommst auch bei einer Belichtungszeit von weniger als einer Sekunde eine Schleier-Effekt am Tag hin?

Voraussetzung

Ich nehme es gleich vorweg: Wasserfälle, die direkt von der Sonne angestrahlt werden sind für diese Art Foto ohne Graufilter ungeeignet. Um ohne einen Graufilter auszukommen, brauchst Du so wenig Licht wie möglich:

  • Fotografiere am frühen Morgen oder am Abend, wenn es dunkler ist.
  • Ein grauer, bewölkter Tag ist ebenfalls genau richtig für eine Wasserfall-Fotografie.
  • Besonders gut lassen sich auch Wasserfälle ohne Graufilter fotografieren, die in schattigen Wäldern oder in engen Tälern liegen.

Umsetzung

1. Sorge zunächst dafür, dass Deine Kamera – bei den eben genannten Voraussetzungen – wie folgt eingestellt ist:

  • Nutze den A-Modus und stelle die höchstmögliche Blendenzahl (z.B. Blende 11 oder höher) ein. Dadurch fällt weniger Licht auf den Sensor und die Belichtungszeit verlängert sich. Deine Kamera wählt automatisch die längst möglichste Belichtungszeit, die bei den gegebenen Lichtverhältnissen möglich ist.
  • Reguliere die ISO auf den kleinstmöglichen Wert. Bei den meisten Kameras ist das ISO100, bei wenigen anderen ist ISO80 möglich.

2. Fotografiere im RAW Format. So lassen sich Belichtungszeiten am besten im Nachhinein korrigieren.

3. Stelle Deine Kamera mit einem Stativ auf und sorge damit für einen guten und stabilen Stand.

4. Nutze eine Fernbedienung oder einen Selbstauslöser, um Verwackelungen zu vermeiden.

5. Beachte auch die Fließgeschwindigkeit des Wassers. Abhängig von der Fließgeschwindigkeit des Wassers sollte die Belichtungszeit länger oder kürzer sein. Für einen schnell fließenden Wasserfall reicht oftmals bereits 1/3 Sekunde aus. Fließt das Wasser langsamer, sollte die Belichtungszeit bei ½ bis 1 Sekunde liegen. Besonders schöne Fotos habe ich an langsam fließenden Wasserfällen gemacht. Bei diesen ist der weiche Schleier gleichmäßiger und wirkt ruhiger.

3 Tricks, wie Du die Belichtungszeit ohne Graufilter verlängern kannst:

Achte bei der Aufnahme auf die angezeigte Belichtungszeit. Ist diese kürzer als 1/5 Sekunde kannst Du folgende Tricks ausprobieren, um die Belichtungszeit auch ohne Graufilter zu verlängern.

Tipp 1 Nutze Deine Sonnenbrille

Du nimmst Deine Sonnenbrille als Ersatz für einen Graufilter und hältst sie vor die Linse. Damit kannst Du die Belichtungszeit moderat verlängern. Die Sonnenbrille sollte sauber und gleichmäßig getönt sein. Eventuelle Verfärbungen durch die Brille lassen sich in der späteren Bearbeitung mit dem Farbtemperatur-Regler und dem Tönungs-Regler wieder korrigieren. Mit Adobe LightRoom ein Kinderspiel.

Schiebe den Pfeil hin und her, um zu sehen, wie sich das Foto verändert.

 

Ein Wasserfall aufgenommen mit ISO100, F11 und 1 Sekunde Belichtungszeit. Einmal ohne Sonnenbrille und einmal mit Sonnebrille.

Wasserfall ohne Graufilter ohne Sonnenbrille ISO100 1/5 Sek F11

Das selbe Motiv aufgenommen mit ISO100, F11 und 1/5 Sekunde, damit es nicht überbelichtet. Der Effekt des weichen Wassers kommt wenig zur Geltung

Tipp 2 Belichte etwas über

Du änderst die EV Einstellung (Exposure Value) Deiner Kamera. Mit der EV Einstellung sorgst Du gezielt für eine Unter- oder Überbelichtung. Eine EV Stufe von +1 entspricht einer Verdoppelung der Blende oder der Belichtungszeit.

Ändere die Einstellung auf +0,5 oder +1,0. Das hat eine längere Belichtungszeit zur Folge. In der späteren Bildbearbeitung kannst Du die Überbelichtung wieder korrigieren. Dieser Trick funktioniert nur mit EV kleiner +1, da sonst Überblendungen entstehen, die in der Bearbeitung nicht mehr korrigierbar sind.

Bei den Sony RX100 Modellen drückst Du im Aufnahmemodus das Drehrad am unteren Ende um die EV Stufen zu ändern.

Wasserfall Langzeitbelichtung mit 0.5EV und Belichtungskorrektur

Wasserfall mit Sonnenbrille als Graufilter-Ersatz und Belichtungskorrektur von 0,5 EV. ISO100, F11, 0,8 Sekunden 

Tipp 3 Gehe näher ran

Dieser Tipp verlängert zwar nicht direkt die Belichtungszeit, aber Du kannst mit der gegebenen Belichtungszeit ebenfalls den gewünschten Schleier Effekt erzielen.

  1. Suche Dir eine Stelle mit einer hohen Fließgeschwindigkeit. Schnell fließendes Wasser führt mit kurzen Belichtungszeiten zum selben Ergebnis.
  2. Gehe näher an den Wasserfall heran bzw. nutze den Zoom.
Wasserfall Langzeitbelichtung 2 Sekunden ohne Graufilter

Wasserfall Langzeitbelichtung mit ISO100, F11 und 1/2 Sekunden – ohne Graufilter

Fazit

Mit ein paar Tricks kannst Du also auch ohne Graufilter tolle Wasserfall-Bilder fotografieren. Dabei bist Du natürlich von den gegebenen Bedingungen abhängig. Solltest Du mal kein so schönes Wetter haben, mache Dich auf zum nächsten Wasserfall. Denn: Graue Tage sind Wasserfall Tage.

Kennst Du noch weitere Tricks, dann lass es mich in den Kommentaren wissen!

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3 comments

  • Danke für deine Tipps. Ich kann bestätigen, dass die Tipps sehr hilfreich sind und man damit das Ziel, einen „weichen“ Wasserfall erreicht. Etwas neues habe ich auch gelernt, dass meine Sony RX100 II einen ND Filter hat. Habe ich bisher noch nie ausprobiert. Der Tipp mit der Sonnenbrille klappt bei mir nicht, da meine Sonnenbrille 3 Dioptrin hat, das gäbe dann ein ziemlich unscharfes Foto.

    Kurz gesagt: ein guter, toll geschriebener und hilfreicher Artikel.

    LG Burkhard

    Reply
  • Genialer Beitrag – musste ich gleich in meinem Blog verlinken! Hab das mit der Sonnenbrille noch nie ausprobiert (verwende immer gewöhnliche ND-Filter). Scheint aber ein genialer „Foto-Hack“ zu sein, wenn man den Filter mal nicht zur Hand hat! Vor allem die Ergebnisse, die du im Beitrag zeigst, haben mich überrascht (positiv).

    Schöne Grüße aus Salzburg,
    Robert.

    Reply

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